Ersticktes Matt - Meine Lieblingsbücher Teil 8

Ich habe meinen Roman „Teufelswetter“ im Selfpublishing veröffentlicht. Das wirft sicher die Frage auf, wie ich zum dem Thema Selfpublishing stehe und, warum ich in der Reihe meiner Lieblingsbücher bisher keine Bücher von Selfpublishern vorgestellt habe. Seit ich konkrete Pläne zur Veröffentlichung meines Romans im Kopf hatte, habe ich vermehrt Bücher von Selfpublishern gelesen und aktuell besteht mein SuB zu 100% aus Büchern von Selfpublishern. Das hat natürlich damit zu tun, dass ich wissen will, wie und was andere Autoren, die ich mittlerweile auch teilweise persönlich kenne, so schreiben. Aber vor allem gefällt es mir, weil es hier viel Lesestoff zu entdecken gibt, der eher selten den Weg in die Verlagsprogramme findet. Ich denke, hiervon werden zukünftig noch einige Romane in meiner persönlichen Bestenliste landen und den Anfang macht:

„Ersticktes Matt“ (2016) – Nina C. Hasse
ISBN: 978-1-535-53793-3
Klappentext:
New York, 1893. In den Floodlands, einem Elendsviertel mitten im East River, verfolgt die Polizei ein Gespenst. An jedem Tatort eine weibliche Leiche, eine Schachfigur in der Hand. Das Spiel eines Wahnsinnigen?
Für Remy Lafayette, Gesichtsanalytiker und Berater beim New York Floodlands Police Department, wird die Jagd zu einer Reise in die eigene Vergangenheit, als seine ehemalige Verlobte in den Sog der Ereignisse gerät.
Erster Satz: „Die Frau sah aus wie eine Wachsfigur.“

Ich gebe es offen zu: Ich bin unglaublich neidisch auf Nina Hasse. Ich bin neidisch auf ihren Schreibstil, auf ihre tollen Figuren – überhaupt auf die Tatsache, dass sie so einen vortrefflichen Krimi zu Papier gebracht hat. Ohne einen Anflug von Scham kann ich sagen, dass ich wünschte, ich könnte so gut schreiben und Stimmungen so treffend in Worte fassen wie sie. (Vielleicht wirst Du jetzt rot, Nina, wenn du das liest – tja, siehe es als eine virtuelle Verneigung vor Deinen Fähigkeiten.)

Lassen wir die Huldigungen mal beiseite: „Ersticktes Matt“ ist ein wirklich guter Krimi. Meinen Lesegeschmack trifft dieser Roman gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen, weil es ein Steampunk-Roman ist. Ich selbst bin nicht aktiv in der Steampunk-Szene, doch ich stehe ihr mit großer Sympathie gegenüber. Außerdem spielt „Ersticktes Matt“ in New York zu einer Zeit, die mich persönlich sehr interessiert, und zwar seitdem ich Herbert Ashburys „The Gangs of New York“ gelesen habe. Und „ganz nebenbei“ lernt man etwas über das Schachspiel, also für mich ein weiterer Pluspunkt, da ich ja so gerne Geschichten lese, bei denen man etwas dazulernt.

Das Ermittler-Team arbeitet sich von Frauenleiche zu Frauenleiche. Die einzige Gemeinsamkeit, die die Opfer zu haben scheinen, sind die Schachfiguren, die der Täter ihnen in die Hand legt. Deshalb weiten sich die Ermittlungen auf die Kenner der Schachszene sowie den Hersteller der Figuren aus. Doch genauso wie im persönlichen Umfeld der Opfer, gibt es auch hier kaum weiterbringende Erkenntnisse. Da der vermeintliche Serientäter auch in London gemordet hat, werden sogar die lokalen Ermittler aus dem Empire zur Unterstützung nach New York geholt. Doch es scheint wie verhext; nichts scheint einen Sinn zu machen. Lafayette läuft unterdessen seiner Ex-Verlobten über den Weg, die sich seltsam verhält und kurz darauf ebenfalls ein Opfer des „Schachbrettmörders“ wird. Damit wird der Fall für Lafayette sehr persönlich; er darf offiziell nicht mehr ermitteln, tut es aber doch. Und hat schließlich den richtigen Blick auf die Lage, um den Täter zu entlarven.
Was Nina Hasse besonders gut gelungen ist – neben den gut herausgearbeiteten Figuren –, ist, die Stimmung während der polizeilichen Ermittlungen einzufangen. Natürlich ist der Protagonist Remy Lafayette viel mit seinen persönlichen Problemen beschäftigt, doch auch die Langwierigkeit der Ermittlungen und die damit verbundene Frustration bei allen Beteiligten ist förmlich mit den Händen zu greifen. Ich habe beim Lesen hin und wieder laut gedacht: „Herrjeh, das muss doch jetzt endlich mal vorangehen!“ Aber im Gegensatz zu einem schlechten, zu langatmigen Krimi, war das in diesem Fall nichts Negatives. 

Remy Lafayette ist zum Glück kein abgehalfterter Ermittler mit Alkoholproblem, sondern ein Sympathieträger, der trotz allem nicht zu glatt ist. Und schließlich tut man als Leser das, was man bei einem guten Krimi tun sollte: nämlich dem Protagonisten wünschen, dass er Erfolg hat. Ich möchte nicht spoilern, doch es sei gesagt, dass die Identität des Täters am Ende doch recht überraschend gelüftet wird. Würde ich jetzt das Haar in der Suppe suchen wollen, könnte ich anmerken, dass das auch schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte passieren können, aber genau das ist eben auch wieder so ein Kniff der Autorin (vermute ich): Manche Erkenntnisse kommen den Ermittlern eben erst sehr spät, manche durch Zufall, und gerade die Tatsache, dass man sich denkt „Och, hätte das nicht früher auffallen können? Das hätte den Figuren einiges erspart.“, zeigt meiner Meinung nach, dass man als Leser wirklich mitfiebert. Ich jedenfalls habe es getan.

So, nun freue ich mich auf die Frankfurter Buchmesse. Vor allem freue ich mich auf die Kollegen (Nina eingeschlossen) und Freunde, die ich so selten sehe. Mit Flyern bin ich versorgt, die Glückskeks-Lieferung ist auch rechtzeitig eingetroffen. Vielleicht sehen wir uns ja.