Shibumi + Satori - Meine Lieblingsbücher Teil 5

Der heutige Beitrag zu meinen Lieblingsbüchern beinhaltet gleich zwei Bücher, die allerdings dieselbe Geschichte erzählen. Das eine Buch ist ein gefeierter Thriller aus den Siebzigern, das andere eine Hommage an das erste Buch, das die Lücken in der Biographie der Hauptfigur füllt. Ich mag Bücher, bei denen man „wie nebenbei“ etwas Neues lernt, wie zum Beispiel:

„Shibumi“ – Trevanian (1979) + „Satori“ – Don Winslow (2010)
ISBN: 978-3-453-40809-8 + 978-3-453-40808-1, Heyne
Klappentext „Shibumi“:
Frankreich, 1979: Der Berufskiller Nikolai Hel hat sich in ein Pyrenäenschloss zurückgezogen, um sein altes Leben hinter sich zu lassen. Da erhält er einen Hilferuf: Die junge Hannah ist auf der Flucht vor einer übermächtigen Geheimbehörde. Für Hel, der in ihrer Schuld steht, beginnt eine mörderische Odyssee um die halbe Welt, bis er noch einmal seine tödlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen muss.
Erster Satz: „Über die Leinwand flimmerten in rascher Folge die Ziffern 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3 …“
Klappentext „Satori“:
Tokio, 1951: Die USA und Russland kämpfen mit allen Mitteln um die Vorherrschaft in Asien. Nikolai Hel, der von der CIA inhaftiert und gefoltert wurde, wird von den Amerikanern zu einer gefährlichen Mission gezwungen: Seine Freiheit gegen den Tod des sowjetischen Botschafters in Peking. Getarnt als Waffenhändler gerät Hel in ein tödliches Netz politischer Intrigen und verfolgt dabei ganz eigene Ziele: Rache und den Weg zu Satori, der Erleuchtung.
Erster Satz: „Nikolai Hel betrachtete ein Ahornblatt, das vom Ast fiel, im seichten Wind segelte und sanft zu Boden schwebte.“

Die aufmerksamen Leser unter Euch werden jetzt wahrscheinlich denken: Was? Schon wieder Don Winslow?! Tja, es tut mir leid, aber wie ich schon im letzten Beitrag geschrieben habe, besitze ich sehr viele Bücher von diesem Autor (und bis auf zwei/ drei Ausnahmen finde ich sie alle toll). Da müsst ihr jetzt durch.
Scherz beiseite: Die Lebensgeschichte des Nikolai Hel ist wirklich unglaublich spannend. Diese Figur ist an sich sehr speziell – er hat Nuancen eines Übermenschen oder Superhelden –, er ist keine sympathische Figur, aber auch kein Antiheld. Trevanian entwarf Nikolai Hel als einen Exzentriker, der mit ausreichend finanziellen Mitteln, Einfluss und entsprechenden Fähigkeiten ausgestattet ist, um der jungen Hannah im Kampf gegen den Geheimdienst zu helfen. Doch statt ihr sofort zu helfen, verkriecht er sich erst einmal (fast 100 Seiten lang!) in eine Höhle, die er erforschen will. Denn: alles zu seiner Zeit. Und „wie nebenbei“ lernt man eine Menge über Höhlenforschung und die Eigenheiten der Basken.

Neben dem Haupterzählstrang gibt es Rückblenden in Hels Vergangenheit. Er ist als Sohn einer russischen Aristokratin geboren, die vor der Revolution nach Shanghai flüchten musste. Als Shanghai von den Japanern besetzt wird, zieht der Befehlshaber der japanischen Truppen, Kishikawa, als Besatzer in ihr Haus, und mit der Zeit wird er zu einem Vaterersatz für Hel. Er unterweist ihn im Go-Spiel und fädelt es so sein, dass Hel bei einem Großmeister in die Lehre gehen kann. „Wie nebenbei“ lernt man die japanische Version des Schachs, das Go-Spiel, kennen.

Hel zieht als junger Erwachsener nach Tokio und gerät in die Wirrungen des 2. Weltkriegs, ebenso wie sein Ziehvater Kishikawa. Beide landen in einem U.S.-Militärgefängnis. Was mit Hel passiert, nachdem er aus dem Gefängnis freikommt, und wie es dazu kommt, dass er als steinreicher Mann in einem Pyrenäenschloss wohnt, erzählt Trevanian nicht. Hier setzt Don Winslow mit seinem Roman „Satori“ an. Eigentlich ist dieser Roman eine Art Fan Fiction, denn Winslow schrieb ihn als Hommage an Trevanian.
Wir begegnen Hel, als er aus dem Gefängnis entlassen wird. Er soll für die Amerikaner eine Geheimmission durchführen, für der sich qualifiziert, weil er zwar europäisch aussieht, aber die asiatische Kultur und deren Sprachen verinnerlicht hat. Außerdem versteht er sich aufs Nackttöten (Töten ohne Waffen) und kann damit unbehelligt in diplomatische Kreise vordringen und seine Zielperson töten. Hel ist äußerst klug und erkennt schnell, dass er sich von den Amerikanern nicht benutzen lassen will. So entspinnt sich eine spannende Jagd durch Asien und „wie nebenbei“ lernt man viel über die japanische Kultur, die Verstrickungen der Chinesen mit den Russen im Kalten Krieg und, wie es in Vietnam unter der französischen Besatzung und der korsischen Mafia zuging.

Ich empfehle beide Bücher, wenngleich Trevanians „Shibumi“ ein etwas langatmiger Thriller für heutige Verhältnisse ist, aber mich hat das nicht wirklich gestört. Toll ist, dass Don Winslow es schafft, seinen eigenen Erzählstil zu halten (er kopiert Trevanian nicht) und gleichzeitig die Figur des Nikolai Hel – wie auch die Nebenfiguren – so treffend aufzugreifen.