Die Pächter der Erde - Meine Lieblingsbücher Teil 2

Wisst Ihr noch, was mit 14 Jahren Euer Lieblingsbuch war? Ich schon. Weiter geht es mit Teil 2 meiner Lieblingsbuch-Reihe und zwar mit meinem allerersten Lieblingsbuch, nämlich …

„Die Pächter der Erde“ – Sandra Paretti (1978)
ISBN: Gab es 1978 noch keine ISBN im Impressum?, C. Bertelsmann
Klappentext:
Sie sind reich, die Matlocks, und sie wollen noch reicher werden. Jeder, der ihnen im Wege steht, ist ihr Feind – sei es die ihnen verschwägerte Familie der Poynders, sei es der eigene Sohn …
Erster Satz: „Das Dünengras stand so hoch, dass die beiden vierjährigen Jungen ganz darin untertauchten; sie liefen geduckt, die Arme an sich gepresst, dicht hintereinander.“

„Die Pächter der Erde“ ist tatsächlich mein allererstes Lieblingsbuch, also das erste Buch, das ich richtig geliebt habe und immer wieder (ich kann schon nicht mehr zählen, wie oft) gelesen habe. Ich habe das Buch zu meinem 14. Geburtstag von einer Freundin meiner Mutter geschenkt bekommen, die gerne nach Büchern auf Flohmärkten stöbert. Sie hat das 1978 erschienene Buch auf einem Flohmarkt gefunden. Sandra Paretti ist manchen von Euch vielleicht eher bekannt durch ihren Bestseller „Der Winter, der ein Sommer war“. „Die Pächter der Erde“ spielt kurz nach dem Ende des nordamerikanischen Bürgerkriegs (Norden gegen Süden) und dreht sich um zwei verschwägerte Familien, die Matlocks und die Poynders. Beide sind im Eisenbahngeschäft und stehen in Konkurrenz zueinander. Der jüngste Sohn der Matlocks, Craig, ist mit der einzigen Poynder-Tochter Kathleen verheiratet, jedoch kurz nach der Hochzeit freiwillig in den Krieg gezogen. Alle erwarten seine Rückkehr, doch Craig will zunächst in New York sein Leben genießen, feiern und Frauen erobern. Gleichzeitig beginnt sein Vater, den Konkurrenten Poynder offen und aggressiv anzugreifen. Craig, der als jüngster Sohn immer davon ausging, nichts mit dem Unternehmen seines Vaters zu tun zu haben, gerät zwischen die Fronten und ergreift am Ende Partei für seinen Schwiegervater.

Craig Matlock war für mich anfangs eine unsympathische Figur. Statt nach dem Krieg zu seiner Frau zurückzukehren, meldet er sich einfach nicht und betrügt sie gleich mit zwei weiteren Frauen. Allerdings ist die Figur auch sehr detailliert und interessant gezeichnet. Er will einerseits nichts mit den Machtspielchen seines Vaters und älteren Bruders zu tun haben und muss sich erst selbst finden. Dabei stellt er allerdings mehr und mehr fest, dass er genauso nach Macht, Geld und Einfluss strebt, und früher oder später in Konkurrenz zu seiner eigenen Familie treten wird. Am Schluss war ich dann doch auf seiner Seite.
Neben Craig und seinen Frauen ist der Krieg zwischen den beiden Vätern mit ihren konkurrierenden Eisenbahngesellschaften im Fokus des Romans. Und das hat mir wirklich sehr gut gefallen, denn es nimmt stellenweise Formen eines Wirtschaftsthrillers an: Es wird bestochen, Börsenkurse manipuliert, Streiks inszeniert, sabotiert und sogar gemordet. Aber dargestellt ist das natürlich alles aus Sicht der Oberschicht, der Reichen, also oberflächlich ist alles geordnet und zivilisiert.

Der Roman lebt vor allem durch seine tollen Figuren, die wirklich alle ausnahmslos hervorragend entwickelt sind. Sie sind so gut, dass ich wirklich richtige Antipathie für einige empfand, obwohl sie nicht böse waren, sondern einfach nur deshalb, weil ich ihren Charakter nicht mochte. Kritisieren könnte man das Frauenbild, allerdings ist es der Zeit (Ende des 19. Jahrhunderts) angemessen. Im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Stellung und Möglichkeiten, sind die Frauen in „Die Pächter der Erde“ durchaus emanzipiert oder halten im Hintergrund die Fäden in der Hand und lenken alles (manchmal ohne, dass die Männer, die eh nur mit ihren Eisenbahnen beschäftigt sind, es merken).
Parettis Schreibstil ist wunderbar, gut zu lesen und auch sehr bildhaft. Ich hatte beim Lesen ein ähnliches Gefühl, wie beim Schauen eines Films – ich konnte direkt in die Geschichte eintauchen und sah angenehme, schöne Bilder vor mir. Die Autorin verbringt nicht seitenweise mit inneren Monologen oder Beschreibungen, sondern webt das meiste, selbst Rückblenden, durch Dialoge mit in die Geschehnisse ein.
Mit dem Erwachsenwerden hat der Roman für mich etwas an „Glanz“ verloren, einfach, weil sich mein Lesegeschmack verändert hat. Nachdem ich die „Pächter der Erde“ so gut fand, habe ich weitere Familienepen gelesen, fand sie aber alle nicht so ansprechend. Das Familienepos ist also wohl nicht mein Fall, und so ist „Die Pächter der Erde“ eben eine Ausnahme. Hat dieser Roman seine Längen? – Oh ja, mitunter ist es auch etwas zäh. Liest er sich trotzdem flüssig? – Ja, und wie!


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